Einführung in die Karate-Sprache

Die Aussprache im Japanischen

Der Aussprache liegt die englische Schreibweise zugrunde. Es gilt:

a: wie ab , Kasse
ch: wie tsch (cha, chi, che mit t-Vorschlag)
e: etwas nach „ä“ hin ausgesprochen, Messer, etwa
h: ein Laut, der zwischen h und ch liegt – etwa wie in „Dach“
i: wie in, bin
j: wie dsch in „Germany“
n: doppeltes n leicht nasal
o: wie ob, noch
r: Zungen-r wie im Romanischen oder Slawischen
s: wie „ss“ in „Masse“, wie ß
sh: stimmlos wie wishing, shop (engl.), nicht wie „sch“
u: wie um, Mutter (manchmal sogar unhörbar)
y: wie j (Yokohama)
z: wie das stimmhafte „s“ in „Rose“ (za-Sand, zu-Suppe, ze-Senf,zo-sollen)

In manchen Silben wird das u kaum betont oder ganz geschluckt – z.B. Oi-zuki (gerader Fauststoß)
= o-i z’ki. ae, ei, ue, usw. werden nicht verschmolzen, sondern getrennt gesprochen:
Mae-geri = ma-e geri. Allerdings klingt der zweite Vokal nur leicht nach.
Bei Wortzusammensetzungen ändert sich der erste Laut:

K keri wird zu g = mae-geri
T tachi wird zu d = zenkutsu-dachi
S wie z
Ts tsuki wird zu z = oi- zuki
H harai wird zu b = ashi-barai

Wortzusammensetzungen mit hon:

ichi/hon ippon
san/hon sambon
go/hon gohon

 

Das Zählen

Zählen von 1 bis 10: (Endvokale nicht betonen, eher verschlucken)

eins ichi
zwei ni
drei san
vier shi/yon
fünf go
sechs roku
sieben shichi/nana
acht hachi
neun kyu/ku
zehn ju

 

Kommandos

Hajime! Anfangen!
Mawa-te! Kehrt, Wendung!
Mokzo! Augen schließen; Konzentrationsübung
Narote! Entspannen!
Rei! Gruß!
Sensi-ni! Front zum Lehrer (Sensei)
Yame! Stop! Schluß! Ende!
Yoi! Achtung!
Kamaete! Kommando zur Ausgangshaltung
Chudan-gamae links/rechts vorrücken mit Armen in Vorhalte zur Ausgangsstellung
in Zenkutsu-dachi (Grundschule, Beintechniken und Kombinationen)
Gedan-gamae links/rechts vorrücken mit Gedan-barai zur Ausgangsstellung in
Zenkutsu-dachi (Grundschule)
Kumite-gamae rechtes/linkes Bein zurücksetzen in Zenkutsu-dachi, Ausholen mit
Gedan-barai (Ausgangsstellung für Partner-Training)

 

Angriffsstufen (Zielregion beim Partner)

Chudan mittlere Stufe (Gürtel bis Hals)
Gedan untere Stufe (bis zum Gürtel)
Jodan obere Stufe (Kopf)

 

Stellungen

Hanmi Schrägstellung in Zenkutsu-dachi der Oberkörper ist um 45 Grad abgedreht
Hachiji-Dachi Aufrechte Stellung Füße parallel
Kokutsu-dachi Verteidigungsstellung, Rückwärtsstellung
Kiba-dachi Spreizstellung, Grätschstellung
Kamae Kampfstellung
Shizentai Normalstellung
Zenkutsu-dachi Schrittstellung, Vorwärtsstellung

 

Einige Techniken

Age-uke Abwehr obere Stufe
Choku-zuki Gerader Stoß aus Hachiji-dachi
Empi-uchi Ellbogenstoß
Gedan-barai Abwehr untere Stufe
Gyaku-zuki umgekehrter Fauststoß
Keage Schnappstoß, zurückfedernder Stoß
Kekomi gerader, gestreckter Stoß mit starkem Hüfteinsatz
Kizami-zuki Prellstoß mit abgedrehter Hüfte
Kizami-geri Fußstoß mit dem vorderen Bein
Mae-geri Fußstoß nach vorn
Mawashi-geri Kreisfußstoß
Nagashi-uke Fegeabwehr
Nukite Stoß mit den Fingerspitzen
Oi-zuki Angriffsstoß – z.B. rechtes Bein, rechte Faust
Rengeri Doppelfußstoß mit Zwischenschritt
Renzuki Doppelfauststoß
Sanbon-zuki dreimaliger Fauststoß einmal obere Stufe, zweimal mittlere Stufe
Shuto-uchi Handkantenschlag
Shuto-uke Handkantenabwehr
Soto-ude-uke Abwehr mittlere Stufe von außen (soto) nach innen mit Arm (ude)
Uchi-ude-uke Abwehr mittlere Stufe von innen (uchi) nach außen mit Arm (ude)
Uraken-uchi Faustrückenschlag (auch Riken-uchi)
Ura-mawashi-geri umgekehrter Kreisfußstoß
Ushiro-geri Fußstoß nach hinten
Ushiro-mawashi-geri Fußstoß nach hinten nach ganzer Körperdrehung
Yoko-geri Fußstoß zur Seite

 

Trainings- und Kampfformen

Kihon Grundschule
Kumite Kampfschule
Ippon-Kumite Einmaliger Angriff, Abwehr und Gegenangriff
Sanbon-Kumite Dreimaliger Angriff, dreimalige Abwehr. Nach der dritten Abwehr Gegenangriff. Angriff und Abwehr müssen stark vorgetragen werden! Ziel Entwicklung maximaler Standfestigkeit und Balance
Gohon-Kumite Das Gleiche fünfmal
Kaeshi-Ippon-Kumite Mehrere hintereinander folgende wechselnde Angriffe und Abwehren. Kampffolge Angriff – Abwehr und Angriff (die Faust wird nicht zurückgezogen) – Abwehr und Gegenangriff (vorderen Fuß und Faust zurücknehmen). Die Kampfform dient der Reaktionsschulung
Jiyu-Ippon-Kumite Realer Angriff und kampfmäßige Abwehr (einmal). Ziel Entwicklung des Gefühls für Abstand und Zeitwahl
Okuri-Ippon-Kumite Kombinationstraining. Kampffolge 1. Angriff mit Ansagen – Abwehr mit Gegenangriff und Ausweichen. 2. Angriff ohne Ansagen – Abwehr und Gegenangriff
Happo-Kumite Training für Schritt- und Körperbewegungen sowie Schulung auf instiktive Reaktion. Eine größere Zahl von Angreifern bildet einen Kreis. Der Abwehrende steht in der Mitte. Die Angreifer sagen jeden Angriff an; die Zeit zwischen Abwehr/Gegenangriff und dem nächsten Angriff soll möglichst kurz bemessen sein.
Jiyu-Kumite Freier Kampf
Shiai Turnier
Kata Vorführungsform in der Art eines Schattenkampfes, die alle Grundtechniken in festgelegten Kombinationen enthält.

 

 

Erläuterung weiterer japanischer Begriffe

Dan Meistergrad
Dojo Übungsraum, Club
Hara, Tanden Bauch, Schwerezentrum
Karateka Karatefrau/-mann(wörtl. -experte)
Karate-gi Karate-Bekleidung
Kiai Höchster Krafteinsatz (hörbarem Ausatmen, ähnlich einem Kampfruf)
Kime Äußerster Einsatz mit voller Spannung und höchstem Kampfgeist
Kohai Der, der nach einem selbst mit Karate-Do angefangen hat
Kyu Schülergrad
Sensei Meister
Sempai Der, der länger als man selbst Karate-Do betreibt

 

Anmerkungen zur Verwendung der japanischen Sprache

Wo immer auch Japaner zusammenkommen, sie bekunden sich gegenseitiger Rücksichtnahme. Ihre für uns etwas seltsam anmutenden häufigen und tiefen Verbeugungen, die übrigens die Funktion unseres Händeschüttelns erfüllen, sind eine Art Demutsgebärden. Wer einen Bekannten auf der Straße trifft oder in ein Zimmer eintritt, ruft nicht unbekümmert einfach „Hallo“, sondern er murmelt ShitsureiTsurei Shimas. Dieses könnte man in etwa übersetzen mit „Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästige“. Bei einer Gesprächseröffnung ist die Redemodalität in Japan so konventionell festgelegt, dass ein Japaner auf bestimmte sprachliche Formen, seien sie nun bewusst oder unbewusst angewandt, nicht verzichten kann.

Woher kommt diese für uns Westeuropäer so streng anmutende Höflichkeit, die durch besonders viele verschiedene Sprachformeln geprägt ist? Sicher sind die Gründe vorwiegend in der Geschichte dieser Insel zu suchen. Japaner haben immer schon eng auf eng gelebt, was dazu führte, dass man kaum so etwas wie Privatsphäre erreichen konnte. Es galt immer, gut miteinander auszukommen. Auch heute sind noch in traditionell japanischen Häusern äußerst dünnwandig (Holzrahmen mit Papier), so das sozusagen der Nachbar alles mithören kann. Die Türen traditioneller japanischer Häuser sind auch nicht verschlossen, man klopft nicht, wenn man hineingeht, man geht einfach hinein und macht sich dann allerdings durch äußerste Höflichkeit bemerkbar.

Höflichkeit im Japanischen wirkt für uns Deutsche übertrieben, wobei noch eine für uns Laien oft schwer verständliche Unverbindlichkeit der Aussagen hinzutritt. So gehört es z.B. zum guten Ton, niemals die Gefühle des anderen zu verletzen. Man würde in persönlichen Dingen einem anderen nie ein klares „nein“ auf eine Frage hin antworten. Man kann sich das in etwa für folgende Situation vorstellen: Ein junger Deutscher lernt eine Japanerin kennen und will diese ins Kino einladen. Wenn die Japanerin nicht will, dann erwarte man nicht, dass sie einfach mit „nein“ antwortet, sie wird mit ziemlicher Sicherheit mit „vielleicht“ ihre Ablehnung kundtun. Das Problem liegt nun darin, dass in Deutschland ein vielleicht wirklich ein „vielleicht“ ist, in Japan hingegen eine sehr höfliche Form der Ablehnung.

Es ist also kaum übertrieben zu sagen, dass ein Japaner einem Gesprächspartner nur sehr schwer einfach mit nein (iie) antworten kann. Dies gilt als besonders unhöflich, weil man glaubt, dass eine solche Verneinungsform zum Gesichtsverlust des Gesprächspartners führt. Man glaubt, dass die verneinende Beantwortung gleichzeitig eine Verneinung der Persönlichkeit des Gesprächspartners bedeutet.

Japaner lehnen also ein klares und hartes „nein“ ab, aber nicht aus Entschlusslosigkeit, sondern weil jede deutliche Ablehnung, jede negative Entscheidung, die bestehende Harmonie gefährdet. Einen Gesprächspartner zu einem klaren „nein“ hinzudrängen, beweist einen außerordentlichen Mangel an guten Manieren. Die Kunst des Gesprächs besteht also darin, gar nicht erst eine Situation entstehen zu lassen, bei der eine klare Ablehnung unvermeidlich wird. Dies ist eine Anforderung an denjenigen, der die Frage stellt. Stattdessen sollte man eine Frage nur als Möglichkeit anklingen lassen, was dem anderen die Chance gibt, im Falle seiner Bereitschaft von sich aus das Thema zu konkretisieren oder bei negativer Einstellung, die Andeutung zu überhören, womit sich die Frage erledigt, ohne dass ein „nein“ formuliert werden muss.

Ein weiteres Beispiel für die sehr unterschiedlichen Konventionen: Wenn man einen Sprecher nicht versteht, dann sagt man: „Entschuldigen Sie, das habe ich leider nicht verstanden.“ Damit fordert man den Gesprächspartner auf, seinen Satz zu wiederholen, oder seinen Redeinhalt anders auszudrücken. Bei größerer Vertrautheit ist es in Deutschland auch möglich zu sagen: „Es tut mir leid, das habe ich leider nicht verstanden“. Diese letzte Ausdrucksform klingt für den Japaner unter Umständen unhöflich, weil man dem Partner in Japan nicht unterstellen möchte, er habe sich nicht verständlich ausgedrückt.

Wenn der Japaner sagt: „Entschuldigen Sie bitte …“, dann ist meist damit ein Schuldgefühl verbunden, also mit dieser Aussage der Wiederherstellung einer verletzten Norm oder Erwartung geäußert. Dies ist dann für einen Japaner schwerwiegend, wenn er z.B. in einen Verkehrsunfall in Deutschland verwickelt wird. Er wird sich, da der Japaner vielleicht auch Schwierigkeiten hat, unsere Sprache richtig zu verstehen, vermutlich falsch ausdrücken, weil er sein Verlegenheitsgefühl in dieser anormalen Situation ausdrücken möchte („Entschuldigen Sie …“). Auch wenn der Japaner objektiv keine Schuld an dem Unfall hat, könnte er durch diesen unbewussten Verstoß gegen die Redemodalität der deutschen Sprachkonvention durchaus als schuldig betrachtet werden.

Die psychologisch schwerwiegenden Vorschriften der japanischen Etikette beinhalten u.a., sich für Fehler zu entschuldigen. Diese gelten auch dann, wenn der sogenannte Schuldige nach westlichen Begriffen eigentlich gar nicht schuldig ist, sondern nur der äußere Anlass für eine Handlung, die eine negative Auswirkung auf jemand hatte, den der Japaner zur Reaktion fordert. Das buddhistische Denken von Ursache und Wirkung ist eindeutig verschieden vom westlichen Denken und lässt den Japaner, obwohl ihm der Grund dieses Einflusses gar nicht mehr bewusst ist, sich entschuldigen für Dinge, mit denen er nur äußerlich etwas zu tun gehabt hatte, und zudem völlig schuldfrei ist.

So ist Karate-Do nicht nur eine Kampfkunst, sondern auch eine Möglichkeit, quasi nebenbei einen faszinierenden anderen Kultur- und Sprachraum kennen zu lernen.